Individualisierung

Da schon die Ausgangslagen der Kinder verschieden sind, wird es nie eine homogene Lerngruppe geben, in der alle das Gleiche lernen können. Aufgabe der Lehrerin oder des Lehrers ist es also nicht nur, der Klasse etwas beizubringen, sondern den Kindern die Möglichkeit zum eigenverantwortlichen Lernen zu geben. In Beratungsgesprächen bespricht man mit jedem Kind, welches Ziel es als Nächstes erreichen will und mit welchen Methoden, Übungen und Materialien es dieses Ziel am besten erreichen kann.

Um den Kindern Zeit für individuelle Lernwege zu ermöglichen, können Übungsstunden eingerichtet werden. Am Anfang kann die Reduktion auf ein Thema stehen (z. B. das Rechtschreiben). Mit jedem Kind wird besprochen, welche Übungen und Materialien für das Erreichen des festgelegten Lernziels geeignet sind. Die Kinder wählen dann aus, mit welchen Übungen und Materialien sie in den individualisierten Lernphasen üben wollen.

Wenn die Lehrerin oder der Lehrer und die Klasse genügend Erfahrungen mit Übungsstunden gesammelt haben, können diese auch auf andere Themen und Lernfelder ausgedehnt werden. Das Ziel könnte eine tägliche individualisierte Lernphase sein, in der die Kinder an ihren individuellen „Lernthemen“ und -zielen arbeiten: Das eine Kind braucht z. B. viel Übung im Lesen, aber wenig im Rechnen. Ein anderes braucht viele Übungen, um lesbar schreiben zu können, und für ein drittes Kind ist die Rechtschreibung schwierig. Je mehr Eigenverantwortung die Kinder für sich übernehmen können, desto mehr werden sie die individualisierten Lernphasen nutzen, um selbstbestimmt an den eigenen Lernfeldern zu arbeiten.

Uebungsstunden
Entwicklung zur täglichen Übungsstunde

Die täglichen individualisierten Lernphasen kommen allen Kindern zugute: Kinder mit besonderen Begabungen können diese Zeiten nutzen, um über die allgemeinen Anforderungen hinausgehende Aufgaben zu lösen. Kinder, die in einem ganz bestimmten Bereich mehr Lernzeit benötigen, können sie hierfür nutzen. Kinder, die in allen Bereichen mehr Lernzeit benötigen, können sich auf das Wesentliche konzentrieren. Für solche Kinder ist es oft sinnvoll und hilfreich, Phasen mehrfacher und schnell aufeinanderfolgender Wiederholungen einzuplanen, was durch eine tägliche Übungsstunde gewährleistet werden kann.

Sinnvolle Materialien nutzen

Ertragreich lernen können die Kinder vor allem dann, wenn die Materialien zum Stand ihrer jeweiligen Rechtschreibkompetenz passen. Die grundlegenden Materialien der Rechtschreibwerkstatt zu den einzelnen Lernbereichen sind: Modellwortschatz, Abschreibtexte, Wörterlisten und Korrekturtexte.

Die Rechtschreibwerkstatt hat die Materialien und ihre Einsatzmöglichkeiten so konzipiert, dass alle Kinder entsprechend ihren Fähigkeiten sinnvoll und ertragreich damit lernen können. So können z. B. die Wörterkarten des Modellwortschatzes von den einen genutzt werden, um lauttreue Wörter abzuschreiben, von anderen, um ein Gespür für verschiedene Rechtschreibphänomene zu bekommen, und von wieder anderen, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede verschiedener Sprachen zu untersuchen.

Dabei ist das, was für die Methoden gilt, auch für das jeweils zugehörige Material gültig: möglichst wenig und möglichst effizient! Es geht nicht darum, die Materialien der Rechtschreibwerkstatt „durchzuarbeiten“. Vielmehr ist der adäquate und gezielte Einsatz des „Notwendigen“ Lernziel.